Am östlichen Rand des Heiligendammer Gebäudeensembles liegen die Villen „Sporn“, „Adler“ und „Waldhaus“, die heute durch die Seedeichstraße erschlossen sind. Für den zwölften Teil seiner Geschichts-Serie hat sich Prof. Joachim Skerl mit den Besonderheiten und der Geschichte der drei Villen beschäftigt.
Die Geschichte Heiligendamms – Teil 12: Die drei Perlen am Waldesrand

Am östlichen Rand des Heiligendammer Gebäudeensembles liegen die Villen „Sporn“, „Adler“ und „Waldhaus“, die heute durch die Seedeichstraße erschlossen sind. Für den zwölften Teil seiner Geschichts-Serie hat sich Prof. Joachim Skerl mit den Besonderheiten und der Geschichte der drei Villen beschäftigt.
Die Villen „Sporn“, „Adler“ und „Waldhaus“ sind Teil der Gesamtanlage, in die sie sich durch Maßstab und Gliederung hervorragend einordnen. Abermals akzentuieren die Gebäude einen Landschaftsraum, abgegrenzt im Westen durch den Waldsaum, nach Osten geöffnet zur Conventer Niederung.
Es muss einen außerordentlich reizvollen Ausblick von der Gartenseite der Villen über den Golfteich mit seiner Parkanlage zu den weiten Wiesenflächen der Conventer Niederung gegeben haben. Wildwuchs von Gebüsch und Bäumen unmittelbar an den Häusern hat heute den Blick verstellt. Die prächtige Parkanlage um den Golfteich, der inzwischen verschilft ist, ist leider nicht mehr vorhanden.

Zu dem Park schrieb die Rostocker Zeitung noch 1874: „Auch der neu angelegte Park mit seinem See, den hübschen Brücken, grünem Rasen und breiten herrlichen Wegen hat nicht wenig dazu beigetragen, den Badegästen diesen Platz zu einem Lieblingsaufenthalt zu machen.“ (Rostocker Zeitung vom 25.10.1874, S. 3; zitiert nach Wolf Karge: Heiligendamm, Erstes deutsches Seebad, Schwerin 1993, S. 53)
Der Reiz der Landschaft mit den Nah- und Fernsichten lässt sich nur noch erahnen und auf zeitgenössischen Fotografien nachempfinden. Bei einer neuen Nutzung der Gebäude sollte er zumindest teilweise wiederhergestellt werden. Wie stark der Freiraum in die Gesamtgestaltung einbezogen wurde, zeigt beispielsweise die leichte Drehung der Villa „Adler“ zum Golfteich hin.
Die Reste des Parks mit den solitären immergrünen Bäumen und Sträuchern lassen noch den „Zaubergarten“ erkennen, wie der Schriftsteller Hermann Heiberg immer wieder die Parklandschaft Heiligendamms nennt. Die Einbindung in den Naturraum verdeutlichen auch die Namen der Gebäude. Sie folgen der Tradition der Logiervillen, die ihre Bezeichnung aus dem maritimen oder lokalen Bereich erhielten.
Das „Waldhaus“ lag ursprünglich mitten im Walde. Der Name „Sporn“ bezieht sich vermutlich auf ein seltenes Vorkommen des Lerchensporns im anschließenden Wald. Die Bezeichnung „Adler“ weist auf die Seeadler im Großen Wohld hin. Eine andere Deutung der Namensvergaben könnte sich aber auch aus der euphorischen Zeit des Aufbaus der deutschen Kriegsflotte ableiten: Der Adler der Reichskriegsflagge und der Rammsporn der Kriegsschiffe könnten ebenfalls Namensgeber gewesen sein.
Das „Waldhaus“ (heutiges Haus am Golfteich)
Noch vor den Logierhäusern „Sporn“ und „Adler“ wurde um 1850 das „Waldhaus“ errichtet. „Am entgegengesetzten östlichen Waldrand hatte sich der Generaladjudant Generalmajor von Hopfgarten eine Sommerwohnung erbaut, das sogenannte Waldhaus, welches von der Badeverwaltung angekauft und auch an Badegäste vermietet wurde“. (Adolf Nizze: Doberan-Heiligendamm Geschichten des ersten deutschen Seebades, Rostock 1936, S. 152)
Der „Schweizer Stil“ des Hauses entsprach der Unbekümmertheit des beginnenden Historismus. Schinkel hatte bereits auf Rügen in dieser Art gebaut. Das wenig später entstandene Logierhaus Möwe innerhalb der Perlenkette nimmt diesen Stil wieder auf.
Mit der Anlage des Golfplatzes wurde das Gebäude später als Clubhaus genutzt.
Die Villa „Sporn“

Gleich nach dem Verkauf Heiligendamms an Baron von Kahlden im Jahre 1873 entstanden das Grand Hotel, die Villa Großfürstin Marie und der Seeflügel des „Badehauses“ (Haus Mecklenburg). In diesem Zusammenhang erwähnt Nizze auch den Bau der Villa „Sporn“ von 1874 in der Nähe des Waldhauses (vgl. Nizze S. 166).
Die sechs Achsen der Westfassade sind wie bei den Logierhäusern zurückhaltend gestaltet. Die Akzente liegen in der Gartenfront, die wie für die Bäderarchitektur typisch, alle Möglichkeiten der Verbindung von Außen- und Innenraum über Balkone, Loggien und Terrassen nutzt. Drei Mittelachsen sind stark vorgezogen. Dadurch entsteht ein spannungsvoller Rhythmus wie 1:3:2. Ein flaches Dach unterstreicht den kubischen Gesamteindruck des Hauses.
Die Villa „Adler“

Das Bild der Villa „Adler“ wird durch die vier Giebelfassaden bestimmt. Den von Frank Mohr veröffentlichten Lageplänen von Heiligendamm ist zu entnehmen, dass die Villa „Adler“ um 1880 erbaut wurde. Auf den Plänen erscheint sie erstmals 1884 (vgl. Frank Mohr, Heiligendamm, Historische Bilder, S. 71).
Auch die Ostseite der Villa „Adler“ ist durch eine Terrasse und einen Balkon mit dem Park verbunden. Rankgewächse an der Fassade haben diese Absicht noch unterstrichen.
Trotz der unterschiedlichen Tektonik werden die Häuser Adler und Sporn durch die gleichen Fensterformen und Fassungen verbunden. Wie in Heiligendamm typisch, erhalten beide Häuser ein durch horizontale Putzfugen betontes Untergeschoss (bei der Villa Adler durch einen kleinen Anbau links aufgehoben).
Beide Villen nehmen den mit der Perlenkette vorgegebenen Landschaftsbezug wieder auf. Auch der Baustil entspricht dem für Heiligendamm typischen zurückhaltenden Historismus. In ihrer Großzügigkeit sind sie wie die Bauten der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts Zeichen der sorglosen Belle Epoque.
Eine Namensänderung erfuhr die Villa Sporn in den 30er Jahren. Laut Wolf Karge (Heiligendamm – Erstes deutsches Seebad) kaufte Ernst Heinkel, der Besitzer des gleichnamigen Flugzeugkonzerns die Villa „Sporn“ und taufte sie zeitgemäß in „Eikboom“ um.
Eine Übersicht über alle bislang veröffentlichten Teile der Geschichts-Serie von Prof. Joachim Skerl erhalten Sie hier.