„Wir haben früher in der Villa Perle gewohnt“

Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen, die Heiligendamm bereits in den 1920er und 30er Jahren erlebt haben. Harald Uhl aus Hamburg gehört dazu. Der 89-Jährige verfolgt den Wiederaufbau der Villa Perle durch die ECH von Anno August Jagdfeld mit großem Interesse.

Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen, die Heiligendamm bereits in den 1920er und 30er Jahren erlebt haben. Harald Uhl aus Hamburg gehört dazu. Der 89-Jährige verfolgt den Wiederaufbau der Villa Perle durch die ECH von Anno August Jagdfeld mit großem Interesse.

Herr Uhl, Sie kennen Heiligendamm schon sehr lange. Wann waren Sie das erste Mal hier? 

Das erste Mal habe ich Heiligendamm vom Kinderwagen aus gesehen. Das war 1924. Meine Eltern hatten das untere Appartement in der Villa Perle gemietet. Wir kamen oft im Sommer für vier Wochen von Berlin mit dem Buick meines Vaters nach Heiligendamm. Ich kann mich daran erinnern, dass wir immer in das Kurhaus zum Essen gingen. Das hat mir sehr gut gefallen. Der Strand war damals allerdings noch nicht so schön wie heute. Es gab viele Steine und wenig Sand. Dennoch habe ich einmal eine Burg bauen können, die sogar prämiert wurde. Ich bekam dafür vom Kronprinzen einen Ball überreicht.

Bis weit in die 1930er Jahre existierte noch das „alte“ Heiligendamm als exklusives Seebad mit einem bunten Freizeit- und Sportangebot. Woran können Sie sich erinnern?

Harald Uhl aus Hamburg war mit seinen Eltern bereits in den 1920er Jahren in Heiligendamm zu Gast. Foto: Alexander Rudolph

Besonders die Tennisturniere sind mir gut in Erinnerung geblieben. Wir nahmen mit der ganzen Familie daran teil und spielten in den Konkurrenzen Doppel und Mixed in diversen Formationen. Außerdem spielte jeder von uns im Einzel. Die Turnierleitung hatte erhebliche Mühe, uns im Zeitplan richtig einzusetzen. In der B-Klasse habe ich als Junge einmal das Turnier gewonnen. Daraufhin wurde ich mit meinen Eltern beim Großherzog zum Mittagessen ins Alexandrinen-Cottage eingeladen, wo die feierliche Preisverleihung stattfand. Das Tennisturnier in Heiligendamm war damals ein gesellschaftliches Ereignis, zu dem sehr viel Adel und Prominenz anreiste – Namen, die heute kaum noch jemand kennt.

Es war ein buntes Treiben damals in Heiligendamm. An welche Erlebnisse erinnern Sie sich noch?

In den 1930er Jahren gab es im ersten Stock von Haus Mecklenburg noch eine Spielbank, auch als das Glücksspiel bereits verboten war. Wenn eine Razzia bevorstand, wurden auf Klingelzeichen die Spieltische umgestaltet und man spielte Bridge. Einmal trat meine Mutter versehentlich auf die Alarmklingel unter dem Teppich. Sofort brach Hektik aus. Ein Spieler stürzte sich panisch aus dem Fenster und fiel durch das Glasdach der damaligen Veranda. Zum Glück erlitt er nur leichte Schnittverletzungen.

Dann kam der Zweite Weltkrieg, und die goldene Ära des Seebades Heiligendamm endete. Wann waren Sie wieder dort?

Erst nach der Wende. In den 1990er Jahren wohnte ich mit meiner Frau im Residenz-Hotel, nach dem Wiederaufbau dann im Grand Hotel. Dort waren wir in den vergangenen Jahren oft über das Wochenende, um interessante Vorträge oder Konzerte zu hören. Auch heute reisen wir noch regelmäßig von Hamburg nach Heiligendamm.

Sie haben den Wiederaufbau in Heiligendamm verfolgen können, waren zuletzt beim Richtfest der Villa Perle direkt vor Ort. Wie beurteilen Sie die Entwicklungen?

Für Besucher wie mich, die schon vor dem Zweiten Weltkrieg hier waren, ist Heiligendamm quasi ein Erinnerungsstück. Man kann man das heutige nicht mit dem alten Heiligendamm vergleichen. Dafür müssen erst noch die anderen Villen saniert werden. Der Wiederaufbau ist aber auf einem guten Weg. Was viele vergessen: Die alte Villa Perle war ein überkommenes Gebäude, das so heute gar nicht mehr zum Wohnen angenommen würde. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass sich die neue Villa Perle in der Bauweise von der alten unterscheidet und ein viel stabileres Gebäude darstellt. Ich bin mir sicher, dass die „Weiße Stadt am Meer“ von großer Attraktivität sein wird, wenn sie wieder komplett aufgebaut ist.

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