Die ECH von Anno August Jagdfeld restauriert die sogenannte Perlenkette in Heiligendamm. Im sechsten Teil unserer Serie über die Logiervillen geht es um die Villa Hirsch. Das Gebäude ist weitaus weniger baufällig als die anderen, noch nicht restaurierten Häuser der Perlenkette. Die ECH will die Villa Hirsch anhand historischer Fotos und Zeichnungen restaurieren.
Der Wiederaufbau der Perlenkette in Heiligendamm – Teil 6: Die Villa Hirsch

Die ECH von Anno August Jagdfeld restauriert die sogenannte Perlenkette in Heiligendamm. Im sechsten Teil unserer Serie über die Logiervillen geht es um die Villa Hirsch. Das Gebäude ist weitaus weniger baufällig als die anderen, noch nicht restaurierten Häuser der Perlenkette. Die ECH will die Villa Hirsch anhand historischer Fotos und Zeichnungen restaurieren.
Fragt man Besucher Heiligendamms, welche Villa der Perlenkette ihnen neben der bereits wiederaufgebauten Villa Perle am besten gefällt, fällt die Wahl fast immer einstimmig auf die Villa Hirsch. Warum? Die 148 Jahre alte Schönheit imponiert mit ihrer gesamten Architektur, der wunderschönen Loggia samt gusseisernem Baldachin sowie reichen Verzierungen – obwohl auch an der Villa Hirsch der Zahn der Zeit genagt hat. Ihr ursprünglicher Zustand ist im Gegensatz zu den anderen Häusern der Perlenkette noch gut zu erkennen.

Die Perlenkette schmiegt sich wie ein Rückgrat gekrümmt an die natürliche Waldgrenze an. Etwas zurückgelegen, in einer leichten S-Kurve, steht die Villa Hirsch. Der Bauplatz war eigentlich für eine zweite Restauration im östlichen Bereich des Seebades vorgesehen. Der Plan wurde jedoch nicht realisiert, stattdessen ließ Großherzog Friedrich Franz II. die Häuser Hirsch und Schwan in diese Lücke hinein bauen. Der bildungsbewusste Großherzog, der für seine Bauvorhaben nur Spitzenkräfte engagierte, beauftragte 1860 den jungen und äußerst begabten Architekten A. Rathsagg, der vermutlich aus Bad Doberan stammt.
Rathsagg holte sich für die Villa Hirsch Anregungen und Ideen vom bedeutendsten Architekten der italienischen Spätrenaissance, Andrea Palladio. Schaut man sich dessen Villen aus Venedig an, beispielsweise die Villa Conaro aus dem Jahre 1553, lassen sich im Vergleich bei der Villa Hirsch viele Merkmale des Palladianismus erkennen – etwa die kubische Bauweise, der Säulenvorbau als Verbindung zwischen Innen und Außen (man kann rausgehen und ist trotzdem drinnen), das Zahnkranzgesims, der auf einem von Säulen getragenen Horizontalbalken ruhende Dreiecksgiebel oder die großzügige Halle im Inneren.
Rathsagg hat sich aber nicht nur der historischen Architektur, sondern auch äußerst moderner Baustoffe bedient. Aus Gusseisen, welches eines der fortschrittlichsten Baustoffe zu jener Zeit war, ließ er die Veranda mit ihren zarten Verzierungen in handwerklicher Meisterarbeit durch eine Hamburger Eisengießerei fertigen.
1861 war die Villa Hirsch endgültig fertig gestellt und konnte von Familienmitgliedern und Gästen des Großherzogs bezogen werden. Um die Villen unterscheiden zu können, verlieh der Großherzog ihnen am 10. November 1861 persönlich ihre Namen. Der Hirsch aus dem Doberaner Stadtwappen stand für die Villa Hirsch Pate. 1953 wurde das Gebäude in das „Karl Liebknecht“-Haus umbenannt, erhielt aber 1990 seinen historischen Namen zurück.

Die Entwicklungs-Compagnie Heiligendamm (ECH) will die Villa Hirsch restaurieren und wieder in ihrem historischen Zustand erstrahlen lassen. Bis es soweit ist, sind jedoch erhebliche Sanierungsarbeiten notwendig. So sind etwa die Fassaden des Hauses Hirsch in ihrem optischen Erscheinungsbild, jedoch nicht in ihrem baulichen Zustand gut erhalten. Veränderungen der Veranda des Erdgeschosses sowie drastische Eingriffe in den Grundriss des Gebäudes in den Umbauphasen um 1950 und um 1968 haben zudem zu großen Schäden geführt, die aber nach Einschätzung der Entwicklungs- Compagnie Heiligendamm (ECH) im Zuge der Restauration reparabel sind.

Die bauliche Wiederherstellung der Villa Hirsch erfolgt anhand von historischen Fotos und Plänen und erfordert detailreiche Arbeiten. Die ECH will den geschlossenen Verandabau im Erdgeschoss wieder wie im ursprünglichen Zustand im Jahre 1861 zu einer offenen Loggia mit Balustrade sowie zwei Treppenabgängen zur großen Grünfläche vor der Villa umbauen. Die schöne gusseiserne Loggia mit ihren Säulen und ihrem Baldachin sowie die Balustrade der Loggia werden aufgearbeitet. Die historischen Holzfenster und Fensterrahmungen mit Brüstungsund Gurtgesimsen werden in handwerklicher Meisterarbeit neu gefertigt.
Außerdem sollen ein umlaufendes Zahnkranzgesimse, Bekrönungen der Ecken des Giebels, verzierte Abschlüsse der Pfeiler sowie der historische Name Hirsch wieder zum Bild der Fassade gehören. Die Detailarbeiten stellen auch heute noch eine große technische und handwerkliche Herausforderung dar. Die Wahrung der Historie ist eine Verbeugung vor der Baugeschichte Heiligendamms und ist der ECH gleichzeitig ein Bedürfnis sowie eine Verpflichtung.